JZ-Provinz

 JUGENDBEWEGUNG
- JZ-Provinz / JZ-Regionalzusammenschluß /
Traum-a-Land ab 1974
in der Region Mainfranken, Tauberfranken,
Badisches Frankenland, Württembergisch Franken,
Hällisch-Franken und Franken-Hohenlohe -

 

TRAUM-A-LAND

 

MODELL FRANKEN-HOHENLOHE
REGIONALE KOORDINATION
VON
JUGENDZENTREN

Das regionale Koordinationsmodell für Jugendzentren in Franken-Hohenlohe (geographisch der Raum des Dreiecks Heidelberg – Würzburg – Heilbronn) existiert bereits seit Dezember 1974, hat aber während dieser Zeit viele Wandlungsprozesse durchgemacht.

 

Erste Phase

Angefangen hat das Ganze am 14.12.1974, als über persönliche Kontakte (und das ist gerade für den Aufbau einer solchen Arbeit in der Provinz die Grundvoraussetzung) ein Treffen von fünf Initiativen zustande kam. In Arbeitsgruppen wurden die üblichen Themenbereiche (Selbstverwaltung, Stadtkonflikte, Selbstverständnis der Initiativen, Öffentlichkeitsarbeit etc.) behandelt. Das Wesentliche dieses Treffens bestand darin, dass über die erste direkte Kontaktaufnahme der Leute aus den Initiativen hinaus ein großes Interesse an weiterem Informationsaustausch bestand und somit der Grundstein für eine weitere Zusammenarbeit auf der Basis der Bedürfnisse der einzelnen Gruppen gelegt war. Der erste Erfolg dieser Zusammenarbeit war das 11.1.1975 stattgefundene und von den Gruppen selbst organisierte Treffen, bei dem als Hauptpunkt herauskam, dass ein Regionales Info-Büro eingerichtet werden sollte.

Das Info-Büro wurde von einem ZDLer in seiner Freizeit als Ein-Mann-Betrieb betrieben. Es gab einen Rundbrief heraus, der Termine, Anschriften, Berichte, Adressen und Aktionsplanungen etc. enthielt. Die Information stammte allerdings selten von der Basis selbst (wurde also nicht eingeschickt), sondern musste vom Büro aus durch Beziehungen und Nachhaken gesammelt werden.

Am 15./16.3.1975 fand ein Seminar statt, an dem Leute aus sieben Initiativen teilnahmen, das aber von seiner Konzeption her (es war zu ‚theoretisch’, z.B. Analysen zur JZ-Bewegung, aufgebaut) zumindest an einem Teil der Leute vorbeiging. Nach dem Seminar gab es noch einen Besuch von Leuten bei den JZ im Rems-Murr-Kreis und in Wertheim (Solidarisierung mit der Hausbesetzung), einen in der Region organisierten Erfahrungsaustausch mit dem Sprecher des Dachverbandes Rems-Murr, die Teilnahme von einigen Leuten beim Bundestreffen der JZ und JZ-Initiativen in Wetzlar (12-14.6.1975), von dem sie nicht begeistert waren, und dann kam die lange Sommerpause.

Zur Einschätzung der Koordinationsarbeit zu diesem Zeitpunkt schrieb damals der ZDLer, der das Regionale Info-Büro repräsentierte:

„Stets waren alle am Informationsaustausch interessiert – vielfach auch an den Rundbriefen. Doch gab es eigentlich nie eine direkte Rückkoppelung, d.h. die Inis haben das Info-Büro nur recht beschränkt zur Info-Weiterreichung genutzt – das war ja mit Arbeit verbunden und diese steckte man lieber in die eigene Ini, die ja selbst mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Dadurch konnten Erfahrungen anderen nicht zugänglich gemacht werden, man selbst konnte nicht aus den Fehlern anderer lernen. Ferner wirkte sich die unterschiedliche Politisierung der Inis teilweise hemmend aus.

Nach der Sommerpause hatten die Inis mit sich zu kämpfen, ferner war, bedingt durch meinen Wegzug, das Info-Büro ganz ausgefallen. Mehr oder weniger aufgesetzte Aktionen (wie z.B. Filmaustausch, Mitgliedschaft im Kreisjugendring) verbrauchten Energien, die verpufften.

Es kommt natürlich die räumliche Entfernung hinzu, ferner die miesen Verkehrsmöglichkeiten (besonders der ‚öffentlichen’), das schwache Rekrutierungsfeld für fortschrittliches Gedankengut (die ‚Progressiven’ werden gleich eingemacht – selbst DGB -, Oberschüler u.ä. hauen bald ab, kommen nur noch in der Freizeit / Ferien zurück und finden das Ganze nur ‚beschissen’).“

Hinzuzufügen zu dieser Einschätzung ist noch folgendes: Das Modell (zentrale Treffen an einem Seminar-Ort – hier Jugenddorf Seckach-Klinge) ist zu wenig, um eine Basis konkret zu aktivieren, weil sich dort immer nur wenige treffen (die Aktiven) und nach dem Treffen wieder überall der Frust lauert und keine Umsetzung zum Alltag erfolgt. Diese Form der Koordination ist zu abstrakt, was sich an dem mangelnden feed-back zum Info-Büro und an der teilweisen abgehobenen Seminarplanung zeigte. Die Basis wurde durch diese Form zu wenig erreicht (z.B. auch die Nicht-Aktiven), es wurde zu wenig auf die speziellen Probleme der Initiativen eingegangen (die man auch nicht konkret kannte, weil keine gegenseitigen Besuche liefen), und die Seminarinhalte waren gegenüber den konkreten Problemen der Basis teilweise ‚aufgesetzt’.

 

Die zweite Phase

Aus diesen Fehlern haben wir gelernt und die zweite Phase viel konkreter an den Bedürfnissen der Initiativen in der Region entwickelt. Die gewonnenen Informationen und die bereits bestehenden Kontakte waren eine gute Ausgangsbasis, um die Koordination nach ihrer Pennphase (Herbst 195 bis Februar 1976) neu zu beleben.

Für die Neumobilisierung wurde ein Fragebogen entwickelt, der herausfinden sollte, was in den einzelnen Initiativen läuft und ob sie Interesse an einer Zusammenarbeit haben. Diese Erhebung dauerte über zweieinhalb Monate und brachte einen überraschenden Erfolg. Zwei Drittel der Fragebogen kamen zurück und alle hatten Interesse an einer inhaltlichen und organisatorischen Zusammenarbeit. Da der Fragebogen so konzipiert war, dass er nicht nur ein Erhebungsbogen (Regionalstatistik der JZ-Bewegung) war, sondern gleichzeitig die Basis-Information (im doppelten Sinne als Grundlage für das Seminar und als die Information für die Basis) für das zwischen 7.-9.5.1975 geplante Seminar, bahnte sich schon bei dieser hohen Rückmeldung der Erfolg des Seminars an. Das Seminar war bewusst unter dem Titel „Jugendzentren in der Provinz“ angesetzt worden, weil es das Ziel haben sollte, konkret an den Problemen, die sich für Initiativen durch ihre Provinzlage ergeben, zu diskutieren. In einer Arbeitsgruppe wurde ganz speziell über dieses Thema geredet, während andere Arbeitsgruppen (Jugendarbeitslosigkeit, Öffentlichkeitsarbeit, Inhaltliche Arbeit, Auseinandersetzung mit der Stadt etc.) diesen Aspekt nur am Rande mitdiskutierten. An dem Seminar nahmen zwölf Initiativen und über 50 Leute teil. Es war nicht nur inhaltlich (vom Diskussionsniveau her, von den konkreten Ergebnissen her), sondern in jeder Hinsicht ein Erfolg. Es lief viel unter den Leuten ab, zum Beispiel wurde ein Lagerfeuer spontan selbstorganisiert, ein Fußballspiel mit den Jugendlichen dort ausgetragen und viele neue Beziehungen geknüpft.

Als Ergebnis für die Weiterarbeit kam heraus, dass im Herbst wieder ein Seminar stattfinden sollte und der Raum der Region sich zu den beiden bestehenden Koordinationszentren (Unterfranken AK und Dachverband Heidelberg) hinorientieren sollte, da der weite Raum mit seinen großen Entfernungen und mit den verstreuten Initiativen keine andere Organisierung zulasse.

 

Dritte Phase

Im Herbst kam es anders: Da keine Mittel für die Finanzierung eines zweiten Seminars vorhanden waren, wurde als ‚Notlösung’ ein Treffen am 18.12.1976 in Amorbach anberaumt. Zu diesem Treffen wurde wieder ein Fragebogen verschickt. Die ‚kleine’ Lösung erwies sich aber als Geburtsstunde einer neuen Qualität von Zusammenarbeit, denn zu aller Überraschung war das Treffen ein voller Erfolg, denn die Massen kamen. In der Diskussion wurde das „Amorbacher Modell“ geboren, das als Muster für weitere Treffen dienen sollte. Die Verbindung von Treffen und Fest wurde dann auch konkret vollzogen. Die dortige JZ-Initiative hatte es sich auch nicht träumen lassen, dass diese Form nun plötzlich Modellcharakter erhalten würde, wobei vielleicht gerade die gelungene Vorbereitung den Ausschlag dazu gegeben haben mochte. Dieses Modell, das ein Basis- und Praxismodell ist, scheint sehr gut in der Lage zu sein, den Ungleichzeitigkeiten unter den einzelnen Initiativgruppen gerecht zu werden und in einer lockeren, aber dennoch verbindlichen Form die Bedürfnisse der einzelnen Inis an Koordination abzudecken. Die dezentrale Praxis verhindert das ‚Abheben’ und überwindet damit die Fehler und Unzulänglichkeiten, die es während der ersten Phase der Koordination gab. Das ‚Regional-Büro’ wurde wieder ein ‚lebendiges Büro’, nämlich durch eine Zentraladresse und eine sogenannte ‚regionale Bezugsperson’ ersetzt. Die Treffen erschöpfen sich aber keineswegs in den Festen, sondern behandeln auch inhaltliche Fragen (JZ-Landkarte; was passiert mit den anderen Initiativen, die noch nicht mitarbeiten? Etc.), während die Grundsatzdiskussionen auf den zweimal im Jahr stattfindenden Seminaren geführt werden.

Aus: Modell Franken-Hohenlohe. In: Traum-a-land – Provinzzeitung für Franken-Hohenlohe, Nr. 0, November 1977, S. 12 - 13

 

Hinweis: Über die weitere Entwicklung von Traum-a-land siehe unter TAL e.V. und Chronik

In der Zeitschrift PRO-REGIO-ONLINE Nr. 5 - 2008 wird zum 40jährigen Jubiläum der 1968er Ereignisse besonders auf die Situation der Kleinstadt 1968 eingegangen, mit der Schülerbewegung in den Kleinstädten, der Jugendhausbewegung, den politisierten Jugendbewegungen von 1967-1977, die besonders auch auf den tauber-fränkischen Bewegungen basierten:
Kleinstadt 1968 - Politische Jugendbewegungen 1967 - 1977 in der Provinz
www.pro-regio-online.de

 

 

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